Leseprobe: Ein Auszug aus dem Prolog von Eldradjans Angst
Zu spät erkannte er seinen Irrtum. Yfars Klinge schnellte vor, zielte auf Philanders Herz. Ein schwerer Körper stieß ihn zur Seite. Teile der harten Rüstung bohrten sich in seinen Arm. Er stolperte, verlor das Gleichgewicht und sah im Fallen, wie Phinn sich schützend vor ihn gestellt hatte.
Mit einem knarzend gurgelnden Geräusch bohrte sich Yfars Waffe in dessen Brust.
»Phinn!«
Es war zu spät. Sein Bruder spuckte Blut und brach über der Klinge zusammen.
Yfar schmetterte ihn mit einem groben Fausthieb zur Seite. Philander spürte, wie Phinns Bewusstsein schwand.
Sein Bruder war tot.
»Du bist der Nächste, mein Freund.«
Yfar stand direkt über ihm.
Die Augen waren wieder klar, aber vollkommen schwarz.
Die blutige Klinge sauste herab.
Nur der Ruf der Ehrwürdigen Alten rettete Philander.
Sie verbrauchten ihre letzte Kraft, um die überlebenden Eloif über die Energieadern zurückzuholen. Wo gerade noch Yfar auf ihn herabgeblickt hatte, standen von einem Moment auf den anderen die Gesichter der Alten. Um Philander herum sanken die Eloif weinend zu Boden. Ihre toten Kameraden ließen schmerzende Löcher in ihren Seelen zurück. Noch schlimmer wog Yfars Fehler. Die Suardoseloif waren nicht unter den Geretteten.
»Was nun?« Phingawen war der Erste, der wieder sprach. Der junge Bretheloif war kaum den Kinderschuhen entwachsen – ein paar hundert Jahre jünger als Philander – und schon für die Schlacht zum König der Seinen erwählt worden, nur um heute die schlimmste Niederlage seines Volkes zu erleben.
Wo war der König der Penoreloif?
War er gefallen?
»Die Menschen kämpfen gegen den Schattenfürsten«, antworteten die vielen Stimmen der Alten. Eldgaia, die Wortführerin, brachte die anderen zum Schweigen. »Sie werden nicht gewinnen. Wir sehen die Menschen scheitern. Das Dunkle fordert einen Pakt. Hundertelf Opfer, alle fünf Jahre. Um den zu besänftigen, den sie selbst erschaffen haben.«
»Und Yfar?« Philanders Stimme zitterte.
»Verloren. Für immer.«
Eine Welle der Trauer überwältigte ihn. Sie waren fort, sein bester Freund und sein Bruder.
»Und wir?« Phingawen versuchte tapfer zu klingen, doch die Anspannung und die geballten Fäuste konnte er nicht verstecken. Der Junge war genauso von Furcht erfüllt wie Philander selbst.
Nie war ihnen ein derartiger Feind begegnet.
Nie waren sie derart geschlagen worden.
»Dem Vergessen geweiht«, hauchte Eldgaia und schloss die Augen.
Wie auf ein geheimes Zeichen begannen die Alten zu singen. Ein schauriges, trauriges Lied. Und zugleich ein Lied voller Hoffnung. Ein neuer Name entstand daraus.
»Eldradjan?«
Phingawen und Philander tauschten verwunderte Blicke.
»Wer ist Eldradjan?«